Das Alexanderfest

Alexander's Feast or The Power of Music (An Ode wrote in Honour of St. Cecilia) - Georg Friedrich Händel

Alexanderfest2002 500

Mit der Ehrung der Heiligen Cäcilia war schon frühzeitig ein Lobpreis der Musik verbunden, deren Gewalt über die Menschen bei verschiedenen Anlässen gezeigt wurde. So ist auch das Fest, das Alexander der Große anläßlich der Eroberung der Persepolis seinen Getreuen gab, nur ein solcher Anlaß, um die Macht der Musik darzustellen. Drydens Ode weicht jedoch stark von der traditionellen Formel ab, bei der die Musik im allgemeinen und die Vorzüge einzelner Musikinstrumente gepriesen werden. Stattdessen schildert dieser lebhaft ein Bankett, das Alexander der Große zur Feier seiner Eroberung Persiens (vermutlich 333 v. Chr.) veranstaltete.


Aufführungen

am 24. und 25. Oktober 2002
in der Kirche zum Heiligen Kreuz in Berlin-Kreuzberg


Solisten

Ulrike Barth    Sopran
Georg Poplutz    Tenor
Matthias Jahrmärker    Bass

Musiker (an historischen Instrumenten)

Beatrix Hellhammer   Violine 1
Britta Gemmeker   Violine 2
Ernst Herzog   Viola
Stefanie Schmoekel   Violoncello
Friederike Däublin   Barockbass
Martin Ripper   Blockflöte 1
Andrea Theinert   Blockflöte 2
Frédérique Brillouin   Oboe 1
Mechthild Fischer   Oboe 2
Jochen Schneider   Fagott 1
Markus Friemel   Fagott 2
Sabine Erdmann   Cembalo / Orgel

Gesamtleitung

Manuela Kögel    

 


ERSTER TEIL

Timotheus aus Theben, eigentlich Flötenspieler, tritt hier als Sänger vor, der sich auf der Lyra selbst begleitet. Durch die bloße Macht der Musik erregt Timotheus, fünf klar voneinander unterscheidbare Affekte: Freude, Erhabenheit, Stolz, Mitleid und Liebe.

Freude
Die Dichtung schildert eingangs das Gelage Alexanders des Großen und seiner Genossen vor der Zerstörung des Palastes von Persepolis auf dem Perserfeldzug. Der Eroberer ist in Begleitung seiner Geliebten Thais und wird von Timotheus mit Musik und Gesang unterhalten. Alle sind von tiefer Freude erfüllt und feiern das "selige Paar".

Erhabenheit
Zunächst erzählt Timotheus die Sage von Zeus' Liebe zu Olympia, aus der Alexander als "zweiter Herr der Welt" hervorgegangen sei, und der Chor feiert den Helden als Göttersohn. Die anschließende Arie schildert, wie der geschmeichelte Alexander sich gottähnlich vorkommt und meint, dass auf sein Gebot sogar das Weltall erbebe. Dann läßt der Sänger des Bacchus Lob erschallen und stimmt ein Trinklied an.

Stolz
Alexander gerät durch den weinfrohen Gesang in sinnlichen Übermut und wie berauscht ficht er seine Schlachten nochmals durch und schlägt wiederholt die bereits Geschlagenen.

Mitleid
Doch als Timotheus beobachtet, wie Alexander immer weiter seinen Träumen von Sieg und Ruhm nachhängt, benutzt er die Gewalt seiner Muse, um den König an die Vergänglichkeit des Ruhms zu mahnen: er erinnert ihn an den Sturz und schmählichen Tod seines großen Gegners Darius, der von allen Freunden verlassen starb und bewegt Alexander zu Mitleid und Trauer.

Liebe
Mitleid erzeugt Widerwillen vor allem zerstörerischen Tun und ist der Liebe verwandt. Liebe wiederum weckt das Verlangen nach friedlichem Lebensgenuss. Auf diese Gefühlsebene lenkt Timotheus die Festversammlung, indem er von Kriegsmühsal und nichtssagendem Ehrgeiz singt und gleichzeitig in lydischen Weisen auf die schöne Thais hinweist. Alexander läßt sich gerne führen und sinkt - von Wein und Liebe übermannt schlafend an seiner Liebsten Brust.


ZWEITER TEIL

Aus diesem Schlummer wird Alexander durch Timotheus mit dem "grellen Schlag des Donners" aufgeweckt. Den aufgeschreckten Helden fordert der Sänger auf, Vergeltung zu üben dafür, dass die Leichen der gefallenen Krieger auf den Schlachtfeldern noch immer unbestattet liegen. Um das Grauen zu schildern, beschwört Timotheus die rächenden Furien und läßt den bleichen Geisterzug der Toten erscheinen. Dadurch fühlt sich Alexander dazu angehalten, jene Griechen zu rächen, die in früheren Kriegen gegen die Perser gefallen sind. Er will Persepolis, die persische Hauptstadt, in Brand setzen. Thais selbst führt diesen Zug an und erinnert daran, dass einst Helena die Ursache für die Zerstörung Trojas war: gleich ihr führe nun sie die Krieger bei der Zerstörung von Persepolis an.

Hier endet die eigentliche Schilderung des Festes, das scheinbar wenig mit der Heiligen Cäcilia zu tun hat. Dryden stellt den Bezug zu Cäcilia her, indem er zu bedenken gibt, dass sie durch ihr Auftreten und ihre "Erfindung" der Orgel der Musik eine neue Dimension verlieh und "den feierlichen Tönen mit natürlichem Charme und einer Kunst, die niemand je gehört" mehr Ausdrucksmöglichkeit brachte. Die Welt des Altertums versinkt in lichten, fast überirdischen Flötenklängen und Cäcilia führt den Menschen über sich hinaus zur heiligen Tonkunst. In ihr wird die Musik des christlichen Abendlandes verehrt: Glockentöne, Orgelklang und Hymnen werden die Mittel der christlichen Menschheit und dienen der Verehrung und Anbetung des Göttlichen.

Die entscheidende Synthese erfolgt zum Schluss: Timotheus wird aufgerufen, den Preis mit Cäcilia zu teilen, denn er führte die Menschen in himmlische Höhen, sie aber holte die himmlische Musik (den "Engel") zu den Menschen herab. Griechische Schönheit und Lebensfülle zum einen und höchste christliche Begeisterung zum anderen finden gemeinsamen Ausdruck in der Musik.